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Kirchenaustritt, eine Antwort auf die Frage: Warum?

Personen, die die Ursachen der Austritte von Menschen aus den christlichen Kirchen in den europäischen Ländern und insbesondere in Deutschland hinterfragen, werden dafür sehr unterschiedliche Erklärungen anführen. Die Ursachenerklärung wird dabei nachhaltig durch den persönlichen Standpunkt des Betrachters bestimmt, durch seine persönliche (möglicherweise noch bestehende) innere Bindung an die Kirchen, durchsein Verständnis von Religion, der Welt und dem Dasein allgemein.

Oberflächlich betrachtet, sind die Austrittsursachen sehr vielschichtig. Da werden zunehmend wirtschaftliche Gründe angeführt, Gründe, die in persönlicher Erfahrung mit den Kirchen und ihren Vertretern liegen, und nicht zuletzt auch allgemeine Gleichgültigkeit. Seltener sind es Erkenntnisgründe oder intensive Beschäftigung mit religiösen Fragen, die zum Austritt führen. "Oberflächlich betrachtet" deshalb, weil die Ursachen auch für diese (vermeintlichen) Gründe sehr viel tiefer liegen. Selbst wirtschaftliche Gründe sind Zeugnis einer bereits erfolgten inneren Loslösung von den Kirchen. Sie spielen keine Rolle für Menschen, denen "christlicher Glaube", noch Lebensinhalt geblieben ist. Für Dinge, die einem wichtig sind, gibt man gerne, sogar und ganz selbstverständlich auch sich selbst.

In dieser Betrachtung sind die angesprochenen Gründe ebenfalls durch den "persönlichen Hintergrund" beeinflußt. Deshalb wird zunächst ein kurzer Einblick in das Verständnis gegeben, aus dem gesehen, beurteilt bzw. gewertet wird.

Religion verstehen wir nicht als etwas, das den Menschen von außen eingegeben werden kann, sondern (im Sinne der allgemeinen Definition) als "Rückverbindung", als die innere Verbindung mit jener Kraft, mit jenem göttlich-kreativen Geist des Universums, der alles Dasein belebt und trägt und somit auch den Menschen innewohnt. Jeder Mensch wird geleitet von einer mehr oder weniger stark ausgeprägten bewußtseinsbestimmten und natürlichen Religiosität. Es ist das Göttliche selbst, das sich in allem Dasein, in allen Wesen -und so auch im Menschen- Gestalt verleiht.
Dieses nur ganz kurz angerissene Grundmuster des Daseinsverständnisses ist allem unverfälschten Empfinden der Menschen eigen, war Fundament der griechischen und hellenischen Kultur und auch den großen Philosophen von der Antike bis in die "neue Zeit" hinein selbstverständlich. Ja, es zieht sich wie ein roter Faden durch unsere ganze bisherige Geistesgeschichte.

Schon Platon sprach von den Archetypen, den gestaltenden Urkräften in der Tiefe allen Seins, die in einer zeitlosen Ordnung schaffend wirken.
"Alle Dinge sind in Wirklichkeit voller Götter."

Sich in dieser Tiefe eingewurzelt zu wissen, nennen wir Religion, die innere Aufgeschlossenheit hierfür und die Haltung, die sich ganz selbstverständlich für uns daraus ergibt, natürliche Religiosität. Sie ist in uns vorhanden, ganz einfach, weil wir leben und die "Achetypen" bzw. die göttlichen Kräfte oder Wesen in uns gestaltend wirken, weil die Welt ist und wir ihr angehören.
So ist all unser Empfinden, Denken und Handeln Ausdruck unserer Beseeltheit, die aus göttlicher Tiefe kommt.

Diese Erkenntnis war auch den Mystikern, den Philosophen und Dichtern des abendländischen Kulturraumes eigen. "Gott" ist keine von außen lenkende Persönlichkeit; er wirkt als höchstes Allbewußtsein in uns.

Meister Eckehart: "Hier ist Seele und Gottheit eins. Hier endlich hat sie gefunden, daß das Reich Gottes ist: sie selbst."

Angelus Silesius: "Ich bin so groß als Gott, er ist als ich so klein,
Er kann nicht über mir, ich unter ihm nicht sein."

Gorch Fock: "Wer auszieht Gott zu suchen, kehrt mit sich selber heim."

Jakob Böhme: "Die Natur ist der Spiegel, in dem die göttliche Weisheit sich selber beschaut."

Das sind nur einige wenige kurze Schlaglichter aus dem einheitlichen und ebenfalls fast zeitlosen Erkenntnis-bild der Großen, die die abendländische Kultur geprägt und gestaltet haben und die stets einen mächtigen Gegenpol zu jenem Denken und Handeln bildeten, das von der christlichen Kirche ausging. Wenn wir die kulturgestaltenden Kräfte suchen, die die abendländische Kultur, ja, die das uns überkommene und zu eigene Denken herausgebildet haben, stellen wir fest, daß es mindestens ebenso hohen Anteil hatte, wie das durch kirchliche und weltliche Macht (lediglich) beeinflußte und geleitete Gestalten.

Diese Gewißheit unseres göttlichen Seins lebt als tragende Kraft und als "Urwissen" in allen Menschen fort, -jenseits der christlichen Kirche und trotz ihrer dem völlig entgegenstehenden, über zwei Jahrtausende sich hinziehenden Einwirkung. Das Christentum mit seinem aus der Welt hinausverlagerten (bzw. verbannten) Gottesbild, seiner von außen an die Menschen herangetragenen Lehreinwirkung, steht hierzu in völligem Gegensatz und kann im Sinne der allgemein gegebenen Definition der "Rückverbindung" gar keine "Religion" sein. Bei Seelendingen ist Wesenhaftes, ist zutiefst Innerliches angesprochen; da kann die "Rückverbindung" nur durch eigenes, niemals durch Geliehenes und Aufgepfropftes, also Fremdes, gehen.

Wenn das aber so ist -und den Beweis dürfen wir der gleichen und einheitlichen Erkenntnis aller Philosophen, Dichter und Mystiker, von der Antike bis in die Jetztzeit hinein, aber ebenso und vor allem auch dem eigenen unverfälschten Empfinden der Menschen entnehmen- dann sind die Menschen durch das Christentum in einen seelischen Zwiespalt hineingedrängt worden. Und auch das zeigt der Blick in die Geschichte der europäischen Völker -und mehr noch- in unsere Jetztzeit nur zu deutlich.

Als Beleg dafür, daß die aus göttlicher Tiefe kommende gestaltende Kraft aber trotz aller (und teils gewalt-samen) christlichen Einwirkung bleibend und tragend in den Menschen wirkt, greifen wir noch einmal (beispielhaft) in die Antike zurück:

Platon:
"Das Wissen vom Göttlichen ruht -wenn auch meist vergessen- in jeder Seele. Die unsterbliche Seele stand vor der Geburt in einem direkten Kontakt mit dem Ewig-Wirklichen; nach der Geburt ließ die Gefangenschaft im Körper sie die wahre Ordnung der Dinge vergessen."

Das könnte heute, in unseren Tagen gesagt worden sein und wird auch so empfunden und gesagt, ist also heute im Innern der Menschen (und das allein ist es) so lebendig und wirklich wie vor vielen tausend Jahren. So wird die religiöse Wirklichkeit von Menschen erfahren, die der christlichen Kirche nicht angehören oder die die äußere Form des Christlichen -aus unterschiedlichsten Gründen- bewahren oder hinnehmen, die ihm innerlich aber doch fernstehen.

Das Christentum spiegelt von dieser einzigen (weil bleibenden und gleich empfundenen) Wirklichkeit nichts wider, ganz im Gegenteil: es erstickt sie und tötet sie ab. Wenn aus diesem tiefsten Verständnis heraus alles Dasein und so auch das der Menschen aus dem göttlichen Quell und den uns von dort zufließenden Kraftströmen lebt, so hat sich die Kirche an diese herangemacht und verwaltet und beherrscht sie ganz und ausschließlich im Sinne ihrer Machterhaltung.

Hierzu sei ein Beispiel aus eigenem Erleben angeführt:
Während eines Gespräches mit einem bekannten katholischen Theologen war es meine Absicht, ihn etwas herauszufordern. Ich erklärte zunächst, daß wir in unserer Gemeinschaft davon überzeugt sind, daß das Göttliche (bzw. Gott) u.a. in allen Wesen der Natur lebendig ist, in den Pflanzen, den Tieren und ebenso auch in den Menschen und daß die Menschen sich dessen auch bewußt seien oder werden müßten, wenn die Kirche nicht ständig in einer Weise auf sie einwirken würde, die dem konträr entgegensteht. Allein durch die Sünden- und insbesondere die Erbsündenlehre erzeuge sie eine ähnliche Wirkung wie Eltern, die beständig auf ihre kleinen Kinder einreden: "Laßt das! Hierfür und dafür seid ihr zu dumm. Dies und das könnt ihr nicht!" So, wie diese Kinder "für die Klapsmühle" heranwachsen, psychisch und seelisch also krank werden müssen, so zerstöre die Kirche die uns innewohnende natürliche Religiosität und bekämpfe das Göttliche bzw. den Gott in uns und damit auch in der Welt.

Indem die Kirche z.B. in der Erbsündenlehre postuliere, der Mensch sei sündig, das meint, schuldig, schon deshalb, weil es ihn gibt, begehe sie einen beständigen Seelenmord. Diese Schuld, in die der Mensch -nach Kirchenlehre- schon durch seine bloße Existenz geworfen sei, soll sogar im strafrechtlichen Sinne gegeben sein; denn, wenn er sich im Priestergehorsam hält, erwartet ihn die immerwährende Glückseligkeit, wenn aber nicht, dann wird er in die ewige Verdammnis geworfen.

Ach, das mag der Gläubige verinnerlichen:
Da soll er sich als schuldig begreifen (einfach, weil es ihn gibt), schuldig, sogar im strafrechtlichen Sinne, und dies zudem vor dem Gott, der in ihm lebendig ist und wirkt und der sich auch durch ihn in dieser Welt offenbaren möchte.
Im Menschen müsse etwas "eingebaut sein", das ihn davor schützt, diese Ungeheuerlichkeit, diese beispiel-lose Anmaßung, überhaupt zu begreifen und das den Inhalt dieser Aussage an ihm abgleiten läßt, wie kaltes Wasser. Er müßte daran zerbrechen und zu Grunde gehen. Mit diesem beständigen Seelenmord an den Menschen und an der Welt begehe die Kirche immer und zugleich auch Gottesmord; denn es sei vor allem die Seele, die in uns göttlich ist.-

Er hörte ruhig und gelassen zu, und ich erwartete Widerspruch. Aber er bestätigte dies alles, führte sogar eine Reihe von Beispielen aus der kirchlichen Praxis an, mit der Gläubige unter massiven Druck gesetzt werden. Und schließlich sagte er:

"Die Kirche begeht eine Gratwanderung. Einerseits versucht sie, das Gott zugewandte, religiöse Streben des Menschen so weit zu wecken und zu erhalten, daß er immer Suchender bleibt. Aber wo immer er findet, soll er die Hand des Priesters finden.
Andererseits zerstört sie -ganz bewußt und gezielt- die dem Menschen innewohnende natürliche Religiosität so weit, daß er sich seines göttlichen Wesens nie bewußt wird. - Eher aber wird sie diese ihm innewohnende natürliche Religiosität gänzlich vernichten und völlig auslöschen, bevor sie zuläßt, daß er sich ihrer Macht entzieht."

Besonders der letzte Satz drückt Unfaßbares aus. Alles, was wir mit den Begriffen, Moral, Sitte, Anstand verbinden, geht schließlich zurück auf ein religiöses Grundgefühl, das uns innewohnt,- auch jenen Menschen, die von sich behaupten, an gar nichts "zu glauben". Das ist es, das uns im Inner-sten und Tiefsten Ausrichtung und auch Halt gibt.

Wo die Tiere in ihrem Verhalten durch den Instinkt geleitet werden und in den naturgegebenen Auseinandersetzungen die "Beißhem-mung einsetzt", da haben wir Menschen dieses religiöse Grundgefühl. Wenn dies nun aber in uns vernichtet, ausgelöscht werden sollte, - das Chaos in der Welt würde so groß, daß unser Verstand nicht ausreicht, dahinzudenken oder es sich vorzustellen. Aber besonders verwerflich und in seiner Auswirkung einfach nicht auszumessen ist es, wenn ein solcher Vernichtungswille und Machthunger in einer Organisation angelegt ist und auch praktiziert wird, die vorgibt, für Seelenangelegenheiten zuständig zu sein und sich als solche den Menschen anträgt, ja, die vorgibt, Göttliches im Sinne zu haben. Doch eben so etwa ist mit dem Christentum über uns gekommen.

Und ausgerechnet eine Kirche, die in ihrer Grundhaltung so etwas mitbringt und den Menschen auflastet, lehrt weiter, bei seiner Wiederkunft wird Jesus Christus alles vernichten, die "alte" Welt und was sie trägt, und er wird eine "Neue Erde" machen, auf der dann jene in Glückseligkeit leben, die "gottgefällig" waren. Was das freilich ist, das definieren wiederum diese Kirchen. Auch hier reicht unsere Vorstellungskraft nicht aus: alles soll verworfen werden, sogar der Kosmos wird mit einbezogen, was jedoch im Sinne der Priesterschaft ist, das bleibt.
Damit erheben diese Kirchen ihren Willen, den Priestergehorsam, zum allein welterhaltenden Prinzip.

Wer kann sich die Verachtung allen Daseins, aller Kreatur, der Menschen, vorstellen, die solchem Gedan-kengut zugrunde liegt? Und mit wieviel Heuchelei, List, Tücke und schauspielerischer Perfektion trägt man sich den Menschen an!

Ein weiteres Beispiel für die Einwirkung der Kirchen auf die menschliche Seele sei angeführt:
Das Deutsche Fernsehen strahlte vor einiger Zeit eine Sendung mit dem Titel: "Zur Hölle mit der Hölle" aus. Dem Christentum verbundene Menschen erzählten -begleitet und unterstützt von Psychologen- aus ihrem Leben und davon, wie sie innerlich zerbrochen und seelisch krank wurden. In dieser Sendung weinten ältere, gereifte Menschen ganz bitterlich und schilderten, daß sie ihr ganzes Leben die Bilder aus der Kindheit mit sich herumtragen und damit nicht fertig werden, in denen ihre Priester oder Religionslehrer ihnen klarzumachen versuchten, daß sich Jesus für ihre Schuld habe kreuzigen, also zu Tode bringen lassen, um sie von ihrer Sündenlast zu "reinigen".

Eine Religion sollte wirken wie ein Mutterboden, Leben hervorbringen und es kräftigen. Doch das Christen-tum macht die Menschen krank, die sich diesen Ideen innerlich aufschließen möchten. Es ist nur zu ertragen, wenn man die Form zwar gelten läßt, sich innerlich aber in sicherer Entfernung hält. Das Christentum nennt sich "Religion der Liebe", und als tiefster Inhalt wird die Kreuzigung sowie die Wiederkehr Christus genannt. Seit zwei Jahrtausenden werden die Menschen in Erwartung der Wiederkehr gehalten. Die Herren K. Barth und R. Bultmann z.B. galten bis zu ihrem Tode "als Päpste" der evangelischen Theologie. Sie aber schrieben:

"Wir haben uns also deutlich zu machen, daß das Wort Gottes... uns....in der Gestalt dessen, was wir Sage und Legende nennen... begegnet.".. "Die Hölle gibt es nur in der Dogmatik, aber es ist keiner drin."
(Barth: Die kirchliche Dogmatik)-

"Ich glaube nicht, daß man damit rechnen muß, daß der Herr Jesus .... wiederkommt."
(R. Bultmann, (17.7.1965, Brief)

Das sind nur einige wenige, zufällig ausgewählte Aussagen. Ähnliches wird heute von vielen namhaften Vertretern der Kirchen geäußert. Die vergangenen zwei Jahrtausende, die vielen Kriege, das unvorstellbare Leid, das im Namen (d. h. im Auftrage) dieses Gottes und "seines Sohnes" über die Menschheit gebracht wurde, war nur ein Kulissenspiel? Wenn Weise sagen, das Leben sei ein Schauspiel, ein Theater, hier finden wir es bestätigt. Und Sophisten, von denen es ja heute so viele gibt, werden daraus auch eine Rechtfertigung ableiten können.

Vom EMNID-Institut im Vorfeld des evangelischen Kirchentages 1997 in Leipzig durchgeführte Umfragen brachten zutage:
57 % der Deutschen glauben nicht mehr an einen personenhaften Gott, sondern glauben das göttliche Wesen als Kraft, die sich in der Natur und in den Menschen dartut. Sogar
17 % der regelmäßigen Kirchengänger können sich Gott nicht mehr als persönliches Gegenüber vorstellen.

Hans Waldenfels gilt als Fundamentaltheologe und wird zitiert:
"Der Gott der Juden und Christen scheint in die Namenlosigkeit zu entrücken."

"Die Natur," so heißt es dort weiter, "wird für immer mehr Menschen der Ort der Gottesbegegnung."

Ein weiteres Zitat (Prof. Ernst):
"Viele Erwachsene sind bis heute über ein primitives Gottverständnis nicht hinausgekommen. Das Weiter-wachsen des Gottglaubens vom ersten Kindergebet und dann -auf der Stufe der Erwachsenen- das Finden zu einem letzten Urgrund des menschlichen Seins bis hin zur ruhigen Geborgenheit in Gott. - Das alles kommt nicht von selbst. Es muß geübt werden, und vielleicht haben wir das versäumt. .... Wer meint, Gott sei ein Mann oder eine Frau, fixiert (bzw. reduziert) Gott auf ein menschliches Ebenbild."

Auch hier wird deutlich, wie fehlgeleitet die Menschen durch das Christentum werden, wie groß die Kluft ist zwischen ihrem natürlichen religiösen Empfinden und dem dortigen Lehrgut. Hier zeigt sich erneut, daß es mit der religiösen Wirklichkeit, mit dem Göttlichen in der Welt, wo immer es erfahrbar ist, nichts gemein hat.

Der katholische Theologe und frühere Lehramtsinhaber Eugen Drewermann führt in seinem Buch: "Der tödliche Fortschritt", S. 134, aus:
"....Natur und Übernatürliches, Menschliches und Göttliches, Verstand und Gefühl, Diesseits und Jenseits, wurden auf diese Weise unheilvoll voneinander getrennt, und so wie man die Natur durch den christlichen Anthropozentrismus*) zugleich entgöttlichte und vermenschlichte, so machte man innerlich den Menschen durch derartige Aufspaltungen in seiner Religion unnatürlich und in seinem Handeln und Denken gottlos....."

*) der Mensch in seinem Trachten steht im Mittelpunkt des Weltverständnisses

Für mich wird das ausschließlich auf Zerstörung der Seelen und jeder gesunden menschlichen Empfindung, jeder Art von Ordnung gerichtete Wirken des Christentums immer wieder in einer vergleichenden Betrachtung mit dem Wirken Friedrich II. von Preußen (beispielhaft) deutlich. Er konnte zwar auf das aufbauen, was seine Vätergenerationen geschaffen hatten, hat selbst eben mal 46 Jahre regieren dürfen (1740 - 1786), und wir zehren noch heute von dem, was er in den Menschen wachgerufen hat und was wir so in die Welt bringen durften.

Noch bis zum Ende des zweiten Weltkrieges nannten die Chinesen die Deutschen "das Volk der Tugend". So hatten sie und die Welt sie Jahrhunderte hindurch als Wirklichkeit erfahren. Dieses Wirken war möglich, obwohl alles, was von Preußen und Deutschland ausging, ständig von Feindseligkeit umgeben und begleitet war. Und noch heute wird -mehr denn je- eine feindselige Weltmeinung gegen alles erzeugt, was uns angehört.

Ganz im Gegensatz dazu konnte das Christentum über zwei Jahrtausende hinweg kontinuierlich wirken, unterstützt von allen Regierungen und mit der ganzen Fülle ihrer Macht und zudem -was ganz wesentlich ist und zur Mehrung der eigenen Machtfülle auch stets redlich genutzt wurde- in vernetzendem und sich gegenseitig stützendem Handeln über alle Völker hinweg. Welche Kraftfülle allein in der Kontinuität liegt (von allen anderen Einflüssen abgesehen), das vermögen wir uns gar nicht vorzustellen.

Das einzige und jedermann "ins Auge springende" Ergebnis christlichen Wirkens ist: die Menschen sind verderbter als je zuvor, und die Welt liegt in einem bisher nicht gekannten Chaos.
Dieser Vergleich ist ein kleines Beispiel dafür, daß schon eine einzige Persönlichkeit, die "Ja" sagt zu dieser Welt und ihren Menschen, die sich mit ihrem Volke identifiziert, tausendmal edleres erwirkt als diese Kirchen.

In allen anderen Lebensbereichen erkennen und begründen wir einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen den Handelnden und ihren Absichten sowie dem erzielten Ergebnis. Diesen unmittelbaren Zusammenhang stellt die Kirche in ihrer Beurteilung menschlicher Handlungen ebenfalls her (z. B. im Beichtstuhl). Wir müssen also erkennen: die heutige Welt spiegelt wider, was dieses Christentum und die Kirchen in ihrem Wesen sind, ja, mehr noch: hier zeigt sich das Bild ihres Gottes.

Zwei Jahrtausende lebte die Kirche von der den Menschen innewohnenden natürlichen Religiosität, von der Seelenkraft, die sie bei ihrer Geburt mitbrachten und später in die Kirchen hineingetragen haben, wir dürfen sagen: von dem Gott, von dem Göttlichen, das durch die Menschen in die Welt gekommen ist und das sich durch sie verwirklichen möchte. Diese Seelenkräfte haben die Kirchen im Sinne ihrer Machtmehrung verwaltet, ausgelaugt und ausgezehrt, die Kraftströme umgeleitet und in die Leere, in "die Wüste" geschickt. Einen neuen Höhepunkt dieser Seelenzerstörung erfahren wir in dem jahrzehntelangen Wirken, in dem sie nicht mehr nur den einzelnen Menschen, sondern ein ganzes Volk als verderbt und nichtswürdig erklären.

Was in diesem Christentum angelegt ist, und das Ergebnis seines Wirkens, beschreibt Friedrich Nietzsche sehr treffend für unsere heutige Zeit, wenn er sagt:
"Was wir am Christentum bekämpfen? Daß es die Starken zerbrechen will, daß es die Mutigen entmutigen, ihre schlechten Stunden und Müdigkeiten ausnützen, ihre stolze Sicherheit in Unruhe und Gewissensnot verkehren will, daß es die vornehmen Instinkte giftig und krank zu machen versteht, bis sich ihre Kraft, ihr Wille zur Macht (Gestaltung) rückwärts kehrt, gegen sich selber kehrt, - bis die Starken an den Ausschweifungen der Selbstverachtung und der Selbstmißhandlung zu Grunde gehen......." (....) v. Verfasser

Mit diesen Worten beschreibt Nietzsche das Bild unserer Zeit. Er hat viel geschaut und vieles zutage gefördert. Aber er selbst wäre wohl über die grausame Wirklichkeit erschrocken, in die wir heute durch das Christentum gestellt sind. Einige mögen diese Aussagen mit dem Hinweis leicht bei Seite schieben, Nietzsche habe dem Christentum ohnehin kritisch gegenübergestanden, und den Wirklichkeitsgehalt absprechen. Aber es sind auch "tief im Christentum stehende Menschen", Pfarrer, die in fast gleichlautenden Worten "ihr Christentum" genauso beurteilen. Dietrich Bonhoeffer wird von der heutigen Kirche besonders hoch verehrt und nicht nur den Gläubigen, sondern auch den Funktionären der Kirche selbst als Vorbild dargestellt.

Deshalb sei hier einiges aus Bonhoeffers Werken wiedergegeben:
".... Sollten wir uns eifernd, pikiert oder entrüstet auf diese zweifelhafte Gruppe von Menschen stürzen, um unsere Ware bei ihnen abzusetzen? Sollen wir ein paar Unglückliche in ihrer schwachen Stunde überfallen und sie sozusagen religiös vergewaltigen?..." (Brief v. 30.4.1944)

"... Die Kammerdienergeheimnisse -um es grob zu sagen, d.h. also der Bereich des Intimen (vom Gebet bis zur Sexualität)- werden das Jagdgebiet der modernen Seelsorger. Darin gleichen sie (wenn auch ihre Absicht eine ganz andere war) den übelsten Asphaltjournalisten,.... um die Menschen.... religiös zu erpressen. Verzeih, aber ich kann es nicht billiger geben...." (8.7.1944)

Viele Handlungen der Kirche nennt Bonhoeffer "einen Aufruhr der Minderwertigkeit":
"Sie suchen auch im Blumengarten nach Dung..... Es gibt auch eine Bindungslosigkeit unter den Geistlichen, die wir das "Pfäffische" nennen, Hin-ter-den-Sündern-der-Menschheit-herschnüffeln, um sie einzufangen. Ich will also darauf hinaus, daß man den Menschen in seiner Wirklichkeit nicht "madig macht"...., daß man auf alle pfäffischen Kniffe verzichtet und nicht in Psychotherapie oder Existenzphilosophie einen Wegbereiter Gottes sieht....."

Er schreibt weiter 30.6.1944):
".... Gelingt das -und die Existenzphilosohie und Psychotherapie haben in dieser Richtung ganz raffinierte Methoden ausgearbeitet- dann wird dieser Mann nun ansprechbar für Gott, und der Methodismus kann Triumphe feiern. Gelingt es aber nicht, den Menschen dazu zu bringen, daß er sein Glück als Unheil, seine Gesundheit als seine Krankheit, seine Lebenskraft als seine Verzweif-lung ansieht und bezeichnet, dann ist das Latein der Theologen am Ende. .... Sieh mal, das ist die Einstellung, gegen die ich mich zur Wehr setze......"

Ganz so, wie man es von den christlichen Kirchen gewohnt ist, so werden auch Bonhoeffer und sein Gedankengut wie ein Werkzeug eingesetzt und, dem heutigen Zeitgeist entsprechend, angepaßt und dabei vieles ausgeblendet. So wird gerne jene Seite dieses Mannes gezeigt, mit der er sich -ganz im Sinne der "Ausschweifungen der Selbstverachtung und der Selbstmißhandlung" (Nietzsche) und Selbstzerstörung mißbrauchen läßt, um uns zu Grunde zu richten. Bonhoeffer hätte den Menschen und auch unserem Volke ein Wegweiser sein können. Aber er war Christ und somit selbst auch in jenen seelischen Zwiespalt und Konflikt geworfen, an dem eben alles "zu Grunde geht". Frei von diesem Zwiespalt, hätte er sich wohl kaum verleiten lassen und sein Leben und Werk fortsetzen können.

Bonhoeffer gehörte zu jenen Männern, die das Innere der Kirche, ihr Wesen und Ziel, ihr Wirken und auch die Auswirkungen ihrer Handlungen und des Systems sehr gut kannten. Selbst in solchen Männern wird also deutlich, daß der vom Christlichen unverfälschte menschliche Geist und die noch weithin gesund gebliebene Seele sich innerlich aufbäumen gegen das, was von diesem ausgeht. Es sind eben jene Menschen, in denen sich Göttliches noch regt.
Deutlicher als Bonhöffer kann man es gar nicht ausdrücken, daß das Christentum mit seinen Kirchen und Funktionären nur von der Zerstörung leben und nur für die Zerstörung, nur von dem anhaltenden Seelen- und Gottesmord, daß sie sich das auch zum Ziele gesetzt haben.

Einst gehörte es zum Allgemeingut der Menschheit, daß der Mensch sich in seinem geistigen Wollen und Wirken begriffen hat als Teil des Geistes, der die Welt, der das Universum erfüllt, belebt und trägt, als Teil des Göttlichen, das (auch heute) als Geist verstanden wird. Der Mensch sah sich als Geistwesen und zugleich als Teil des Weltgeistes. Seine Gedanken wurden als Teil der "Gedanken Gottes" empfunden oder als von diesem gegeben. So ist es uns auch aus der Antike überliefert. Und in jeder Epoche, in der es gelang, wiederum kulturschöpferisch zu wirken, haben die Menschen versucht, an diese ihre geistigen Wurzeln, an dieses Selbstverständnis anzuknüpfen.

Noch Martin Heidegger sagt uns:
"Denken ist .... das Handeln, das in der Zwiesprache steht mit dem Weltgeschick......."

Der Mensch in seinem Denken verstand sich also immer vom Göttlichen inspiriert.
Zum Unheilvollsten, das von dem Christentum ausgegangen ist, gehört, daß es mit diesem Welt- und Selbstverständnis der Menschen gebrochen hat
, daß es sie aus ihrem geistigen und seelischen Erbe (und das ist Teil des Göttlichen) herausgeworfen hat. Daran arbeitet es noch heute.

Das Christentum hat jedes in früheren Zeiten ihm zugerechnete himmelsbezogene Selbstverständnis verloren. Über viele Jahre hinweg verhandelten die Kirchen mit Vertretern des jüdischen Volkes über Verbesserungen im gegenseitigen Verständnis. Dabei wurde den Christen u. a. abverlangt, die "bleibende Auserwähltheit des jüdischen Volkes" durch Gott anzuerkennen. Das hat schließlich Eingang gefunden in das "Proponendum zur Änderung des Grundartikels der Kirchenordnung" der Kirche des Rheinlandes, ist in seinem Inhalt von der Kirche allgemein übernommen und für sie, besonders aber für die Kirchenführer selbstverständlich und verbindlich geworden. Es heißt dort unter anderem:

"Sie (die ... Kirche) ist mit dem Volke Israel in der Wurzel verbunden." Und weiter: "Wir glauben die bleibende Erwähltheit des jüdischen Volkes als Gottes Volk. .....Sie (die ... Kirche) bekennt die Treue Gottes, der an der Erwähltheit seines Volkes Israel festhält und der in Jesus Christus die Kirche aus allen Völkern an der Erwähltheit teilhaben läßt. .... Mit Israel hofft sie auf einen neuen Himmel und eine neue Erde.......
...... Wir bekennen uns zu Jesus Christus, dem Juden, der als Messias Israels der Retter der Welt ist und die Völker der Welt mit dem Volk Gottes verbindet...
Wir glauben die bleibende Erwähltheit des jüdischen Volkes als Gottes Volk und erkennen, daß die Kirche durch Jesus Christus in den Bund Gottes mit seinem Volk hineingenommen ist.....
Wir glauben mit den Juden, daß die Einheit von Gerechtigkeit und Liebe das geschichtliche Heilshandeln Gottes kennzeichnet. Wir glauben mit den Juden Gerechtigkeit und Liebe als Weisungen Gottes für unser ganzes Leben. Wir sehen als Christen beides im Handeln Gottes in Israel und im Handeln Gottes in Jesus Christus begründet. ...."

Das ist bemerkenswert! Jesus Christus wird nun in seiner Eigenschaft als Messias Israels zum Retter Welt. Er bindet die Christen der Welt an das jüdische Volk. Ganz folgerichtig wird an christlichen Fakultäten denn auch gelehrt: der rechte Christ, der Mensch also, der in die Nachfolge Christi tritt, gehört dem Volke Israel an.
Nach christlicher Lehre ist die Erlösung durch Jesus Christus im jüdischen Volke zu erreichen. Ganz unmißverständlich ist gesagt, und die Kirchenführer tragen es so auf die "Gläubigen": die Menschen, ja, die Welt, erfahren ihr Heil im jüdischen Volke. Das ist etwas Neues!
Damit erfüllt sich für das jüdische Volk die seit Mose tradierte Überzeugung, daß es eine besondere Mission an der Welt zu erfüllen habe. Im jüdischen Glauben offenbart sich Gott Jahwe hier auf Erden in diesem seinem Volke. Der Jude ist der Mensch gewordene Gott hier auf Erden.

"Gott (Jahwe) zeigt sich auf Erden in der Gestalt des Juden. Jude, Judas, Jehowa (d.h. Gott) sind das gleiche und einzige Wesen. Der Israelit ist der lebendige Gott, der Fleisch gewordene Gott, ist der himmlische Mensch, der Adan Kadmon..." (Kabbala, B1.97, Sp.3)

Die Christen übernehmen nun, daß Jahwe in den Juden und in Jesus auf die Erde gekommen und durch ihn das Heil der Welt in seinem Volke zu erfahren ist. Auch die Kirchenführer schaffen hiermit eine Gleichsetzung von Jesus als den im jüdischen Volke "Mensch gewordenen Gott" und dem jüdischen Volke selbst. Daß das jüdische Volk dies so sieht, ist naheliegend. Auch wir erkennen: Jahwe und das jüdische Volk sind eins.
Ebenso aber sind auch andere Völker mit dem verbunden und eins, das in ihrem Innern göttlich wirkt. Auch diese sind Erscheinungsbild "ihres Gottes".

Mit diesem Bekenntnis der Kirchen erheben die Christen nun aber das jüdische Volk in seinem Streben, Wollen und Handeln zum Maß aller Dinge und zum Inhalt auch des eigenen Trachtens. Im Handeln des jüdischen Volkes sehen sie das Handeln Gottes. Sie erheben das jüdische Volk zu ihrem Gott.

Das Christentum und seine Kirchen verleiten bzw. zwingen andere Menschen und Völker darüber hinaus, ihren Gott gleichfalls im jüdischen Volke zu suchen, ja, dieses Volk selbst zum Gott über sich zu erheben und alles eigene (und damit sich selbst) als nichtig zu verwerfen. Diesen Menschen wird -im Gegensatz zu den jüdischen- nicht zuerkannt, Göttliches in sich zu tragen und in eben so unmittelbarer Verbindung zum Göttlichen zu stehen.

Die Kirchenführer sehen sich als "Diener Gottes", erkennen aber nicht einmal für sich selbst eine ähnliche "Mission" an der Welt und den Menschen, wie sie sie den Juden zuschreiben, noch weniger für andere Menschen und Völker. Sie beschränken ihr Wirken vielmehr darauf, sich jenen anzudienen, die sie zu ihrem Gott erheben und alle nicht-jüdischen Menschen seelisch und geistig zu demontieren. Sie verstehen sich eben als rechte Diener Jahwes. Darin liegt eine Herabsetzung und Entwürdigung des Menschen, die ohne Beispiel ist, die wir in ihrer ganzen Tiefe gar nicht begreifen können.

Im gesunden Empfinden auch der religiösen Wirklichkeit wird sogar "die Natur", so erkennt Wallenfels, mit ihren Pflanzen und Tieren, "für immer mehr Menschen der Ort der Gottesbegegnung". Das Christentum und die Kirchen aber verlagern demgegenüber den Ort der Gottesbe-gegnung in das jüdische Volk hinein. Dort darf die Welt dann "teilhaben".

Wenn Vertreter des jüdischen Volkes sich zu Einflüssen äußern, die nach ihrer Einschätzung die Religion ihres Volkes beeinträchtige, erklären sie stets sehr einleuchtend, daß dies die Seele ihres Volkes zerstöre. Zu dem Thema "Dialog mit Juden" äußert sich der Sprecher der Rabbiner in Deutschland, Joel Berger, es sei die "Fortsetzung des Holocaust mit anderen Mitteln, weil Mission zur Eliminierung des Judentums in Deutschland und in aller Welt beiträgt." Dialog bedeute immer auch Missionierung. (Quelle: Christliche Mitte, Kurier Nr. 2, Februar 2002)
Können wir uns vorstellen, wie die Juden es aufnehmen würden, wollte man sie zwingen, ihren Glauben aufzugeben und den Islam oder Hinduismus als ihre Religion anzunehmen? Das macht klar, was den nicht-jüdischen Völkern mit dem Christentum zugemutet wird.
Der in Rumänien geborene und nach Amerika ausgewanderte jüdische Rabbiner Marcus Ravage (Elias Revici) hat mehrere Schriften über die Entstehung und den Sinn des Christentums veröffentlicht, unter anderem:

"Commissary to the gentiles" ("Ein Sendbote an die Nicht-Juden")
Darin führt er unter anderem aus:
"Dies (die Christianisierung Europas) war der Beginn unserer Macht in Eurer Welt. Doch es war nur der Anfang. Von diesem Zeitpunkt an ist Eure Geschichte nur wenig mehr denn ein Kampf um die Vormacht-stellung zwischen Eurem alten heidnischen und unserem jüdischen Geiste. .......
Wir haben Euch ein fremdes Buch und einen fremden Glauben aufgebürdet, den ihr nicht genießen und verdauen könnt, der zu Eurem angeborenen Geist in Widerspruch steht und Euch fortwährend unruhig macht. Dabei ihn zurückzuweisen, .... habt ihr nicht die geistige Kraft."

Nun haben die Kirchen und ihre Funktionäre immer eine besondere Zuneigung zur Macht gehabt. Ihr Denken, ihre Handlungen mögen daraus erwachsen, sich dem Zeit- bzw. Weltgeist in besonderer, korrumpierender Weise anzudienen. Aber die Menschen in dem, was sie in diese Welt mitbringen, in dem, was sie sind, was ihr eigenes Wesen ist, aus diesen Beweggründen heraus derart herabzuwürdigen, sie also geistig und seelisch geradezu auszuschlachten, das zeugt von hochgradiger Menschenverachtung und Menschenfeindlichkeit.
Doch es ist inzwischen ein einseitiges Andienen und Korrumpieren geworden. Die Kirchen dürfen nichts mehr zurück erwarten. Jahwe ist der Gott der Vergeltung und der Rache. Er ist längst dabei, auch sie in den Abgrund zu stürzen. Da hilft kein Buhlen mehr.

In Gesprächen mit Priestern und "rechten Christen" wird einem die Weigerung des Christentums, auch anderen Menschen und Völkern einen göttlichen Grund sowie eine "Mission an der Welt" zuzuerkennen und ihr Hinwirken darauf, daß diese statt dessen im Jüdischen aufgehen sollen, dann näher erläutert: "Aber das müssen Sie geistig verstehen. Das geschieht doch (nur) im Geistigen!"

Genau das aber ist es doch: es geschieht im Geistigen. Der Mensch ist immer das, was er geistig ist. Hier zeigen sich die Neurosen, in die wir hineingetrieben wurden und in denen wir gefangen gehalten werden. Hier sprechen die so behandelten Seelen. In Abwandlung des Bonhoeffer-Wortes wäre zu sagen:

"Gelingt es aber, den Menschen dazu zu bringen, daß er sein Glück als Unheil, seine Gesundheit als seine Krankheit, seine Lebenskraft als seine Verzweiflung ansieht und bezeichnet, dann haben die Theologen, dann hat das Christentum seinen Auftrag erfüllt, die Verheißung Jahwes an das jüdische Volk zu transportieren und mitzuhelfen, diese zu erfüllen."

Walther Rathenau kannte die seelischen und geistigen Wesenstiefen seines und auch die unseres deutschen Volkes sehr gut. Er schrieb, kein anderes Volk in der Menschheitsgeschichte habe der Welt höheren Blutzoll geben müssen als das deutsche und trotzdem habe es gleichzeitig ein so hohes Kulturschaffen in sie hinein-getragen wie kein anderes. Wörtlich:
"Was sind diese Deutschen doch ein Volk, und sie haben nicht einmal eine eigene Religion!"

So wird heute mehr als in früherer Zeit und ganz zutreffend vom "Gott Israels" gesprochen. Einen eigenen hat das Christentum nicht, und es läßt auch nicht zu, daß die Menschen ihn finden. Es hat die Menschen im Geistigen, Seelischen und Gegenständlichen von ihren Wurzeln gelöst und sie dazu gebracht, daß sie nun geistig, seelisch und im ganz praktischen Leben nur noch herumirren und vagabundieren und sich mit zweifelhaften Ersatzbeschaffungen über ihre innere Leere hinwegtäuschen. Zu diesen Ersatzbeschaffungen und Selbsttäuschungen gehören auch die Flucht in die Technik, die unser heutiges Lebenbestimmt, die Sucht nach dem Gelde mit ihren Begleiterscheinungen - bis in die immer deutlicher hervortretende Verbrechensszene hinein.

Die Menschen, die aus den Kirchen austreten, werden darüber freilich nicht nachdenken. Das ist ihnen verstandesmäßig und in dieser Deutlichkeit gar nicht bewußt. Aber die Kirchen geben oder unterlegen den Menschen nichts, was ihrer Existenz Sinn, Ziel und Kraft gibt. Im Gegenteil, sie berauben sie noch um das, was sie (mit ihrer Geburt) in diese Welt mitbringen.
Die Menschen spüren immerhin, daß sie in diesen Kirchen nichts erwartet. Und das ist Grund genug, sich anders auf das Leben einzustellen.

Ausgerechnet Vertreter der Kirchen wundern sich über die Kirchenaustritte? Man rechnet ihnen gerne mehr zu. Können wir uns vorstellen, wie es im Innern eines Menschen aussieht, der sein Haus anzündet und dann beklagt, daß er keine Wohnstatt mehr hat?
Die Seelen der Menschen sind durch das Wirken der Kirchen ausgehöhlt, ausgeleert und ausgebrannt. Hier soll noch einmal ein Mann aus dem Inneren dieser Kirchen zu Wort kommen, Bonhoeffer:

"Die Zeit, in der man alles den Menschen durch Worte -seien es theologische oder fromme Worte- sagen konnte, ist vorüber; ebenso die Zeit der Innerlichkeit und des Gewissens, und das heißt eben, die Zeit der Religion überhaupt. Wir gehen einer völlig religionslosen Zeit entgegen; die Menschen können einfach, wie sie nun einmal sind, (von der Kirche gemacht wurden) nicht mehr religiös sein." (30.4.1944) (... ) v. Verfasser.

Das Wirken des Christentums und der Kirchen bestand vor allem stets darin, die Seelen der Menschen in Nichtigkeit zu werfen und mit Sünden (Schuld) zu beladen. Von Menschen, die ihr eigenes in das Christentum hineinsehen, wird gerne eine Trennung zwischen fehlgeleitetem Handeln der Kirchen und dem Christentum gezogen. Doch es ist ja gerade der Geist des Christentums, der der Welt, der allen nicht-christlichen Menschen und Völkern eben in jener Haltung gegenübertritt, die in der Kirche ihre Ausprägung findet. Sonst gäbe es das Christentum gar nicht. Das läßt sich ganz einfach sagen, weil es nicht im Innern der von diesem unterworfenen Völker erwachsen ist, es unvorstellbarer, fast zwei Jahrtausende anhaltender Gewalt, ausgeklügelter Systeme von Lüge, List und Täuschung bedurfte, um es ihnen aufzuzwingen und ihnen dennoch bis heute innerlich fremd geblieben ist.
Die Kraft des Christentums und der Kirchen, versiegt, weil sie nicht mehr aus der den Menschen inne-wohnenden natürlichen Religiosität schöpfen und diese absaugen können bzw. weil der Volksglaube keine Kraft mehr hat. Das heutige Christentum ....

".... gibt das Bild einer degenerierten, von Weltlichkeit und Mobinstinkten verdorbenen Religion. Es ist religiöse Sentimentalität, statt des Numinosum göttlicher Erfahrung. Das ist das wohlbekannte Kennzeichen einer Religion, die das lebendige Geheimnis verloren hat. Es ist leicht verständlich, daß eine solche Religion unfähig ist, Hilfe zu geben oder irgend eine andere moralische Wirkung zu haben."

So sieht es der große Psychologe und Christ C.G. Jung. In ihrem Handeln haben die Kirchen sich fortwäh-rend von den jeweils Mächtigen korrumpieren lassen und im Gegenzug stets die Mächtigen korrumpiert. Das ist auch heute so. Sie tragen die Hauptverantwortung für die Ziel- und Sinnlosigkeit, die die Menschen bannt, für den Wertezerfall unserer Zeit, weil sie das Innere der Menschen zerstören, weil sie ihre Seelen- bzw. die göttlich-schöpferischen Kräfte ersticken. Durch das gemeinsame Vorgehen von kirchlicher und staatlicher Macht sind die Seelen der Menschen in Neurosen hineinversetzt worden und werden darin gefangen gehalten.
Eben diese in die Menschen hineingetragenen Neurosen sind es auch, die schließlich sogar der Kirchenmann Bonhoeffer an den Gläubigen spürt, denen er gegenübersteht. Er nimmt auf, was von diesen ausgeht und worüber er im Innern immer wieder erschrickt, wenn er schreibt:

".... Wenn die anderen in religiöser Terminologie zu reden anfangen, dann verstumme ich fast völlig, und es wird mir irgendwie schwül und unbehaglich......" (Brief v. 30.4.1944)

Im Blick auf die Bibel glich und gleicht das Wirken des Christentums und der Kirchen fortwährend jenem der dort gezeigten Pharisäer, die sich zu Richtern aufwerfen, Gott und das Göttliche in den Seelen der Menschen und in der Welt schuldig sprechen und zu Tode bringen. Es ist (und sei wiederholt) ein einziger Gottesmord. Die Kirchen haben ihr Werk vollbracht. Sie haben damit zugleich ihr eigenes Grab bereitet.
Es wird also höchste Zeit,
- daß sich Menschen zu Tausenden, zu Millionen innerlich von diesen Kirchen lösen,
- daß sie das Göttliche in ihrem Innern und in der Welt nicht länger zerstören lassen und damit selbst auch zu dieser Zerstörung beitragen,
- daß sie sich demgegenüber ihres göttlichen Seins und ihrer hohen Bestimmung endlich wieder bewußt werden und dem Göttlichen im Innern allen Seins zuwenden und diesem wieder Gestaltungsraum auch in ihrer Seele geben.
Es wird höchste Zeit, daß sich die Menschen von diesem Christentum innerlich lösen, es -im wahrsten Sinne des Wortes- einfach "loslassen". Es wird sich sodann unweigerlich wieder dorthin zurückziehen, wo es herkam, wo allein es hingehört, weil es nur dort beheimatet ist, in die Wüstenregion.

Auch das Christentum hatte seine Zeit. Es wird leider noch recht lange dauern, bis die Menschen sich davon ganz freigemacht haben werden. Aber sie hoffen nicht nur in Europa, sondern in der ganzen Welt darauf, daß schon bald ein neuer Glaube ihre Seelen erfassen wird, ein Glaube, den u.a. Theodor Strom, 1817 - 1888, bereits schauen durfte und der deshalb schon in dieser Welt ist. Er sagt:

"... Aus dem seligen Glauben des Kreuzes bricht ein anderer hervor, - selbstloser und größer. Dessen Gebot wird sein:
Edel lebe und schön, - ohne Hoffnung künftigen Lohnes und ohne Vergeltung! Nur um der Schönheit des Lebens willen. ......"

 

Unsere Seelen "bewältigen"
Eine Anmerkung

Vor kurzem wurde ich auf ein Buch aufmerksam, dessen Inhalt "überrascht", ja, das in seiner Offenheit der Sprache die Leser erschrecken läßt. Unsere Ausführungen zu den Kirchenaustritten werden in diesem Buch voll bestätigt. Ein mehr oder weniger zufällig ausgewähltes Zitat sei hier angeführt.

" .... Darum sendet (das Judentum) an die Heidenwelt seine Mission, und zwar eine gen Norden mit dem Namen `Christenthum´ und eine gen Süden mit dem Namen `Islam´, welche mit dem jedesmaligen relativen Naturtypus des zu bewältigenden Heidenthums sich amalgamieren, sich in dessen Gewand kleiden mußten, um dem Zwecke ihrer Sendung zu genügen. ... "
Salomon Formstecher: "Die Religion des Geistes", S. 450, s.h. auch Bettina Kratz-Ritter: Salomon Formstecher, ein deutscher Reform-Rabbiner

Hier wird noch einmal bestätigt, daß das Judentum die Überzeugung in sich trägt, eine Mission an diese Welt, "an die Heidenwelt", bringen zu müssen. In Erfüllung dieser Mission bedient es sich -wie ausgeführt- des Christentums und des Islam. Um das gesetzte Ziel, die Bewältigung "des Heidenthums" zu erreichen, war es also nötig, sich die Mittel zu geben, die dem Charakter der Völker, dem "jedesmaligen relativen Naturtypus", entsprechen, sich in dessen "Gewand zu klei-den". Das meint, etwas vortäuschen. Wir dürfen auch sagen, eine List ergreifen. Das also ist das Christentum?

In öffentlichen Diskussionen unserer Tage wird uns immer wieder nahegebracht, daß wir "Probleme bewältigen" sollen. "Problembewältigung" ist eines der Schlagworte unserer Zeit. In logischer Schlußfolgerung sieht das Judentum im Heidentum also ein Problem, daß bewältigt werden muß? In 2000-jähriger Arbeit -nun dürfen wir sagen, "im Gewande des Christentums" gekleidet- ist das auch gelungen.
"Bewältigen", das meint im Verständnis der Zielsetzung, des heutigen Zeitgeistes: herabwürdigen, Macht über den anderen ausüben, ihn beherrschen und niederringen. So sehen wir es heute in allen Lebensbereichen, weil dieser Geist sie alle durchdringt. Letztlich beherrscht nur der die Menschen und Völker, der ihre Seelen gefangen hält, der ihr Empfinden und Denken beeinflußt und lenkt. Eben hier tat das Christentum seinen "guten" Dienst.

In dem, was wir heute gemeinhin "Religion" nennen, spiegelt sich die Seelenart der Völker wider. Es ist das Welt- und Selbstverständnis der Menschen, die in den Daseinstiefen wurzelnde Kraft zur Lebensgestaltung. Sie ist es, die sich auch im Judentum oder "Heidentum" zeigt. Das Christentum wurde (und wird) also als Mittel, besser gesagt, als Werkzeug eingesetzt, unsere Seelen "zu bewältigen" und war und ist dazu -wie sich zeigt, auch bestens geeignet.

"Doch jene meine Feinde, die nicht wollen, daß ich über sie herrschen sollte, bringet her und erwürget sie vor mir!
Und als er (Jesus) solches sagte, zog er fort und reiste hinauf gen Jerusalem." (Lukas 19; 27, 28)

"Meinet ihr, daß ich hergekommen bin, Frieden zu bringen auf Erden? Ich sage: Nein, sondern Zwietracht.
Denn von nun an werden fünf in einem Hause uneins sein, drei wider zwei und zwei wider drei. Es wird sein der Vater wider den Sohn, und der Sohn wider den Vater; die Mutter wider die Tochter, und die Tochter wider die Mutter; die Schwiegermutter wider die Schwiegertochter, und die Schwiegertochter wider die Schwiegermutter. " (Aussage Jesus; Lukas 12, 51 bis 53)

"Dann wird er dir geben, große, schöne Städte, die du nicht gebaut hast, und Häuser alles Guten voll, die du nicht gefüllt hast, und gemeißelte Brunnen, die du nicht gehauen hast, und Weinberge und Ölbäume, die du nicht gepflanzt hast; und du wirst essen und satt werden." (5. Mose 6, 10 -11)

"Fremde werden deine Mauern bauen und ihre Könige werden dir dienen, .... und deine Tore sollen stets offen stehen Tag und Nacht, damit man die Güter der Völker zu dir hereinbringe samt ihren Königen im Zuge, denn Völker und Reiche, die dir nicht dienen wollen, die sollen umkommen." Jesaia 60, 10 -12)

Das sind in heutiger Zeit "die Schurkenstaaten" des Herrn Bush, die vernichtet werden, die "Achse des Bösen" (Bush, Präsident der USA). Wir sehen, es ist Wirklichkeit, heute mehr denn je.
Aufmerken läßt auch folgendes: Nach dem Verständnis der Juden, so ist hier gesagt, sind alle Nichtjuden "Heiden", die zu "bewältigen" sind. Eine Heraushebung aus der allgemeinen Menschheit, eine Absonderung, wird hier aufgebaut. Es gibt nur Judentum oder Nichtjudentum (Heidentum). Die Christen jedoch nehmen sich davon gerne aus und wirken auf jene Menschen und Völker ein, die noch nicht "bewältigt" wurden, indem sie die Mission des jüdischen Volkes in deren Seelen hineintragen. Das ist nun Sinn und Ziel "christlicher Missionierung". Hier erfahren wir auch, welcher Sinn in diesem Wort liegt.

Wie tief muß dieser Geist der Herrschsucht die Priester und Missionierenden erfaßt haben und in sie eingedrungen sein, daß sie sich nicht mehr den "Heiden", den Schafen, sondern den Nichtheiden (Juden), den Hirten zurechnen? Und auch die "Gläubigen" empfinden sich nicht mehr als Opfer. Jenes Sondersein, das das Judentum durch diese Absonderung für sich in Anspruch nimmt, übertragen die Priester (ungebeten) auch auf sich und begeben sich in einen Kreis, der für sie nicht gezogen ist. Sind sie doch -wie in dem Zitat ausgedrückt- lediglich Werkzeug.
Als solches eingesetzt und gut funktionierend, rauben sie anderen Menschen und Völkern den Lebensgrund, indem sie ihnen selbst das Göttliche absprechen und den "Gott der Juden" aufzwingen.

"Ein altes metaphysisches Märchen voller Wundergeschichten, Widersprüchen und Widersinn aus der glühenden Einbildungskraft des Orients entsprungen, hat sich über Europa verbreitet, Schwärmer haben es ins Volk getragen, Ehrgeizige sich zum Schein davon überzeugen lassen, Einfältige es geglaubt; und das Antlitz der Welt ist durch diesen Glauben verändert worden. Die heiligen Quack-salber, die diese Ware feilboten, haben sich zu Ansehen gebracht, sie sind Herrscher geworden; ja, es gab eine Zeit, wo sie Europa durch ihr Machtwort regierten. In ihrem Hirn entstand der Priesterhochmut und jene Herrschsucht, die allen geistlichen Sekten zu eigen ist, wie auch ihr Name lautete....." (Friedrich der Große)

Und diese Herrschaft über unsere Seelen, diese Macht führten und führen sie aus, nicht in unserem Sinne und zu unserem Wohle, sondern in Erfüllung ihres Auftrages, im Dienste der "Mission".
Der Leser möchte hierüber doch bitte einmal in innerer Ruhe nachdenken ,- in dem Bewußtsein: es gibt keinen Gott der Rache, der Furcht. Er ist ja das Leben, auch unser Leben. Gott und Göttliches ist Allgemeingut -wie die Sonne, das Sonnenlicht und die Atemluft-, und es wohnt und wirkt in unser aller Seelen.

"Eine herrliche Schule ist die Natur für mein Herz! Wohlan, ich will ein Schüler in dieser Schule sein und ein lehrbegieriges Herz zu ihrem Unterricht darbringen. Hier werde ich Weisheit lernen, - die einzige Weisheit, die nie mit Ekel verbunden ist; hier werde ich Gott kennen lernen und in seiner Erkenntnis einen Vorgeschmack des Himmels finden. Und unter diesem Beschäftigungen werden meine irdischen Tage sanft dahinschleichen, bis ich in jene Welt aufgenommen werde, wo ich nicht mehr ein Schüler, sondern ein Kenner der Weisheit sein werde." (Ludwig van Beethoven)

"Das Christentum hat Walhalla entvölkert, die Phantasie des Volkes als Aberglauben ausgerottet und einen Glauben gebracht, dessen Klima, Kultur Gesetzgebung uns fremd und dessen Geschichte mit uns in gar keiner Verbindung ist." (Hegel)